Archive for the ‘Texte’ Category

Vorstrafe für No-Christival-Aktivist_in nach Strafanzeige gegen die Polizei

Freitag, März 16th, 2012

Aktueller Stand März 2012

Berufung eingelegt

Am 25.02.2011 wurde eine queer-feministische Aktivist_in vom Amtsgericht Bremen zu 100 Tagessätzen verurteilt. Das bedeutet eine Geldstrafe zuzüglich Prozesskosten sowie einen Eintrag ins Führungszeugnis. Vorgeworfen wurde ihr die Straftat „falsche Verdächtigung“, da sie nach einer brutalen Ingewahrsamnahme durch die Polizei Anzeige wegen Körperverletzung im Amt stellte.
Inzwischen ist die schriftliche Urteilsbegründung raus. In dieser konstruiert sich das Amtsgericht einen völlig absurden Verfahrensinhalt und -verlauf zusammen. Polizist_innen, die mehrfach ihre Aussage änderten und sich widersprachen werden darin als absolut glaubwürdig dargestellt.
Dass bei dem Polizeieinsatz Gewalt angewendet wurde, räumt das Gericht ein, diese sei aber „verhältnismäßig“ gewesen.

Während die ursprüngliche Anzeige wegen Körperverletzung im Amt gegen Unbekannt gestellt wurde, wurde sich im Verfahren der „falschen Verdächtigung“ auf zwei „intern ermittelte“ Beamte bezogen. Diese hatten angeblich keinen Schlagstock dabei und widersprachen sich innerhalb ihrer Aussagen massiv. Zudem gab einer der Polizeibeamten im Zeugenstand an, dass er zum einen an Gewalt gegen die Anzeigensteller_in beteiligt war und, nachdem er von der Anzeige gehört hatte, auch an den Ermittlungen (gegen sich) – das hätte ihn natürlich interessiert.

Das von der Betroffenen vorgelegte ärztliche Attest kommentierte der Staatsanwalt dahingehend, dass sie sich die Verletzungen ja selbst zugefügt haben könne.
Die vorsitzende Richterin sah ihre Aufgabe scheinbar vor allem darin, die Polizisten auf die Widersprüche in ihren Aussagen hinzuweisen und zu fragen, ob sie ihre Aussage nicht doch korrigieren wollten. Ihre offensichtlichen Unsicherheiten bekam sie in den Griff, indem sie sich immer wieder beim Staatsanwalt rückversicherte, ob sie auch alles richtig mache. Den Prozessbeobachter_innen bot sich ein wahrhaft patriarchales Schauspiel.
Nicht besonders überraschend war dann auch die Aussage der Richterin in ihrem Urteil, der Vorfall sei „überraschend lückenlos“ während der Verhandlung aufgeklärt worden.
Die Verteidigung der Angeklagten legt Berufung ein.

Nicht nur, dass angezeigte Straftaten von Polizist_innen äußert geringe Chancen haben, aufgeklärt und geahndet zu werden. Es muss damit gerechnet werden, nach der Anzeige einer Straftat im Amt selbst vorbestraft zu werden. Die Häufigkeit ähnlicher Verfahrensausgänge zeigt, dass dies kein Einzelfall ist, sondern gewaltvolle, systematische Praxis.

Wir als Unterstützer_innengruppe haben uns entschieden, dass das Gericht nicht weiter der Ort unserer aktiven Politik sein wird. Dort wollen wir vor allem solidarisch sein und uns nicht unnötig aufreiben an patriarchalen, homophoben, rassistischen, nazifreundlichen Strukturen, deren Akteur_innen in diesem Setting definitiv am längeren Hebel sitzen.

Wir planen verschiedene Veranstaltungen und Aktionen, achtet auf Ankündigungen!!!

Ansätze einer Reflexion

Freitag, März 16th, 2012

Ausgangspunkt, die Strafanzeigen und die Klage gegen die Polizei sowie die anschließenden Prozesse zu begleiten, war nicht die Annahme, dass im deutschen Rechtssystem die Gewaltenteilung funktioniert. Wir glauben, dass dieser Weg es ermöglichen kann, Themen wie Polizeigewalt überhaupt in der (bürgerlichen) Öffentlichkeit zu thematisieren und sich öffentlicher Druck unter anderem auch auf die Täter_innen bei der Polizei auswirkt.
Des Weiteren haben wir die finanziellen, rechtlichen und kräftemäßigen Ressourcen, überhaupt einen solchen Weg zu gehen und zu begleiten – wir wissen, dass vielen anderen Menschen diese nicht zur Verfügung stehen und sie somit gar nicht die Möglichkeit haben, sich für eine Anzeige zu entscheiden.

Wir versuchen eine kontinuierliche Reflexion und Dokumentation der Prozesse und Prozessbegleitung, damit andere auf die Erfahrungen zurückgreifen können und wissen, was auf sie zukommt, wenn sie vor einer ähnlichen Entscheidung stehen. Diese Dokumentation wollen wir abschließend auch überarbeitet vervielfältigen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für uns die Enttabuisierung von Unsicherheiten und Verletzungen, die durch Repressionserfahrung und –androhung entstehen. Umgangsweisen von „das gehört dazu“ bis hin zu „es ist cool, einzufahren“, machen es umso schwerer, konkret zu benennen, wie Repression eigentlich wirkt:

Repression kann sehr unterschiedlich aussehen und Menschen gehen unterschiedlich damit um. Die Gemeinsamkeit ist jedoch, worauf Repression abzielt: Spaltung, Vereinzelung, Angst und Ohnmacht. Und schließlich: Rückzug von politischem Engagement.

Es ist total wichtig, dass Leute, die von Repression betroffen sind und zum Beispiel in (solchen) Gerichtsprozessen stecken, emotionalen, politischen, fachlichen und finanziellen Support bekommen – was nur selten der Fall ist und an sich schon ein Ausdruck der Macht des deutschen Justizsystems.

Antirepressionsarbeit und Prozessbegleitung ist eine sehr anstrengende und zermürbende politische Praxis. Das Schwanken zwischen Gefühlen, wie „das lasse ich mir nicht gefallen“ und Ohnmacht gegenüber dem Staatsapparat, der seinen Schläger_innen loyal ist, fällt eine_r häufiger auf die Füße als (von uns) erwartet.

Wir kennen das Gefühl und die Zweifel, ob der politische Druck, den wir versuchen aufzubauen, in der Konsequenz für die Angeklagte kontraproduktiv ist. Darüber lässt sich nur spekulieren. Wir verstehen dies als einen typischen Mechanismus von Repression: Dadurch, dass eine_r juristischen Druck erfährt, wird der politische Handlungsspielraum vieler eingeengt.

Wir haben zum Zeitpunkt der Anzeigen und Klage mit Repression gerechnet, der Vorwurf der „falschen Verdächtigung“ hat uns allerdings überrumpelt. Erst später haben wir von ähnlichen Fällen (zum Beispiel in Hamburg wegen der Anzeige gegen Polizist_innen, die einer Demonstrantin das Nasenbein gebrochen haben) mitbekommen.

Der politische Hintergrund der Unterstützer_innengruppe ist sehr unterschiedlich, auch wenn wir uns alle in einer feministisch_queeren_antirassistisch_linken_… Subkultur verorten. Wir haben alle damit gerechnet, dass vor Gericht eine große Show mit viel Druck und Psychogewaltspielchen abgezogen wird. Die Selbstverständlichkeit, mit der dies passierte, hat uns dennoch auch immer wieder ungläubig staunen und tierisch aufregen lassen.

 

Versammlungsfreiheit in Bremen nicht gewährleistet !!! Urteilssprechung lehnt Klage gegen Polizeieinsatz während des Christivals ab !!

Mittwoch, September 22nd, 2010

Im Zuge des Christivals 2008 kam es zu einer Protestaktion gegen das Christival in Form eines Kiss-Ins auf dem Marktplatz. Dieses wurde von der Bremer Polizei gewaltsam beendet.

Zwei queer-feministsiche Aktivist_innen, die damals in Gewahrsam genommen wurden, reichten Verwaltungsklagen gegen den Polizeieinsatz und die Ingewahrsamnahmen ein.

12 Tage nach den abschließenden Gerichtsverhandlungen zu den besagten Protesten wurde gestern durch die rechtliche Vertretung der Kläger_innen das Urteil beim Bremer Verwaltungsgericht erfragt. Das Ergebnis lautet: Die Klage der beiden  Queer- Aktivist_innen wird abgewiesen. Die offizielle Begründung des Urteils lässt weiter auf sich warten.

Wir sind über dieses Urteil nicht überrascht, denn es ist eine gesellschaftliche und politische Tatsache, dass es Menschen äußerst schwer gemacht wird, Polizeigewalt als solche zu benennen und dagegen vorzugehen. Darüber hinaus sind wir nicht so naiv davon auszugehen, dass Gerichte im Sinne von Betroffenen von Polizeigewalt entscheiden. Vielmehr werden Menschen, die versuchen sich zu wehren, mit Gegenanzeigen und anderen Repressionen eingeschüchtert.

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2. CHRISTIVAL-PROZESSTAG IN BREMEN AM 10.6.

Montag, April 19th, 2010

Plakat zum 2. Prozesstag - klein skalierte Version

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Die Aktivitäten der evangelikalen Bewegung innerhalb der BRD – Text der Gruppe gr*i*p

Montag, Februar 15th, 2010

Gr*I*P (group in progress) ist eine Veranstaltungsgruppe mit queer­feministischem Anspruch.

Der folgende Text basiert auf der ersten Veranstaltung von Gr*I*P, die im Januar 2010 in der roten Flora  unter dem Motto „Post­Anti­Weihnachtsabend“ stattfand.

Sich kritisch allgemein mit Religion auseinanderzusetzen ist nicht Gegenstand dieses Textes, aber durchaus notwendig, um das reaktionäre, häufig antiemanzipatorische Potential von Religion insgesamt sichtbar zu machen und sich dem kritisch entgegenzustellen.
Hier soll es jedoch darum gehen, aufzudecken an welchen Stellen Christ_innen aktiv Politik machen und so gesellschaftlich Einfluss nehmen. Im Fokus stehen die Aktivitäten der evangelikalen Bewegung innerhalb Deutschlands.

Bezüglich unserer Recherche ist zu sagen, dass wir uns vor allem auf Informationen aus dem Internet beziehen, weniger auf wissenschaftliche Publikationen.

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Reader

Mittwoch, Januar 6th, 2010

Den schicken Reader mit gesammelten Texten von uns gibt es jetzt auch im Netz!

Stand: November 2009

Stand: November 2010

Christival?

Donnerstag, Dezember 24th, 2009

Wir wollen nochmal in Erinnerung rufen, wogegen sich die Aktionen der queer-feministischen Aktivist_innen richteten, die während des Christivals in Gewahrsam genommen wurden:

Das Christival ist ein evangelikales Großevent, das vor allem jugendliche Christ_innen in großen Scharen versammelt, wo reaktionäre bis fundamentalistische Inhalte verbreitet und die Besucher_innen – die herzensguten Schäfchen Gottes – eindringlich zur Mission Nicht- und Anders Gläubiger aufgefordert werden. Der Glaube an die eigene Nächstenliebe, Toleranz und Altruismus und die Überzeugung, die einzig „richtigen“ Werte und Moralvorstellungen zu vertreten, ist Futter für narzisstische Selbstbestätigung und mündet in der Vorstellung, selbst in Gottes Auftrag zu handeln, quasi sein Werkzeug zu sein.

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Anzeigen gegen homophobe Polizeigewalt

Montag, November 23rd, 2009

zum aktuellen Stand Ende November 2009
Zur Erinnerung

Vor über einem Jahr wurden bei einer kleinen, spontanen Protestaktion gegen das Christival etwa 15 queere Aktivist_innen1 durch ein absurd großes Aufgebot an Bremer Polizist_innen außerordentlich brutal und teils sexualisiert herumgeschubst, geschlagen, gekesselt und durch die halbe Innenstadt getrieben. Hierbei kam es zu zwei willkürlichen und gewaltsamen Ingewahrsamnahmen.
Eine der Aktivist_innen wurde durch zwei Polizist_innen während der unbegründeten Festnahme gegen eine Wand gepresst und massiv mit Schlagstöcken malträtiert.
Drei Polizisten, die noch ihre Einsatzpanzerung trugen, führten auf der Wache eine Nacktdurchsuchung bei der anderen in Gewahrsam genommenen Person durch. Dabei machten sie aggressive Sprüche über den Körper der Person mit dem offensichtlichen Ziel der Demütigung.

Die zwei Betroffenen versuchen seitdem, juristisch gegen die Bremer Polizei vorzugehen. Sie stellten Anzeigen wegen Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung. Außerdem reichten sie Verwaltungsklagen gegen den Polizeieinsatz als Ganzes und die Ingewahrsamnahmen ein.

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