Aktueller Stand März 2012
Berufung eingelegt
Am 25.02.2011 wurde eine queer-feministische Aktivist_in vom Amtsgericht Bremen zu 100 Tagessätzen verurteilt. Das bedeutet eine Geldstrafe zuzüglich Prozesskosten sowie einen Eintrag ins Führungszeugnis. Vorgeworfen wurde ihr die Straftat „falsche Verdächtigung“, da sie nach einer brutalen Ingewahrsamnahme durch die Polizei Anzeige wegen Körperverletzung im Amt stellte.
Inzwischen ist die schriftliche Urteilsbegründung raus. In dieser konstruiert sich das Amtsgericht einen völlig absurden Verfahrensinhalt und -verlauf zusammen. Polizist_innen, die mehrfach ihre Aussage änderten und sich widersprachen werden darin als absolut glaubwürdig dargestellt.
Dass bei dem Polizeieinsatz Gewalt angewendet wurde, räumt das Gericht ein, diese sei aber „verhältnismäßig“ gewesen.
Während die ursprüngliche Anzeige wegen Körperverletzung im Amt gegen Unbekannt gestellt wurde, wurde sich im Verfahren der „falschen Verdächtigung“ auf zwei „intern ermittelte“ Beamte bezogen. Diese hatten angeblich keinen Schlagstock dabei und widersprachen sich innerhalb ihrer Aussagen massiv. Zudem gab einer der Polizeibeamten im Zeugenstand an, dass er zum einen an Gewalt gegen die Anzeigensteller_in beteiligt war und, nachdem er von der Anzeige gehört hatte, auch an den Ermittlungen (gegen sich) – das hätte ihn natürlich interessiert.
Das von der Betroffenen vorgelegte ärztliche Attest kommentierte der Staatsanwalt dahingehend, dass sie sich die Verletzungen ja selbst zugefügt haben könne.
Die vorsitzende Richterin sah ihre Aufgabe scheinbar vor allem darin, die Polizisten auf die Widersprüche in ihren Aussagen hinzuweisen und zu fragen, ob sie ihre Aussage nicht doch korrigieren wollten. Ihre offensichtlichen Unsicherheiten bekam sie in den Griff, indem sie sich immer wieder beim Staatsanwalt rückversicherte, ob sie auch alles richtig mache. Den Prozessbeobachter_innen bot sich ein wahrhaft patriarchales Schauspiel.
Nicht besonders überraschend war dann auch die Aussage der Richterin in ihrem Urteil, der Vorfall sei „überraschend lückenlos“ während der Verhandlung aufgeklärt worden.
Die Verteidigung der Angeklagten legt Berufung ein.
Nicht nur, dass angezeigte Straftaten von Polizist_innen äußert geringe Chancen haben, aufgeklärt und geahndet zu werden. Es muss damit gerechnet werden, nach der Anzeige einer Straftat im Amt selbst vorbestraft zu werden. Die Häufigkeit ähnlicher Verfahrensausgänge zeigt, dass dies kein Einzelfall ist, sondern gewaltvolle, systematische Praxis.
Wir als Unterstützer_innengruppe haben uns entschieden, dass das Gericht nicht weiter der Ort unserer aktiven Politik sein wird. Dort wollen wir vor allem solidarisch sein und uns nicht unnötig aufreiben an patriarchalen, homophoben, rassistischen, nazifreundlichen Strukturen, deren Akteur_innen in diesem Setting definitiv am längeren Hebel sitzen.
Wir planen verschiedene Veranstaltungen und Aktionen, achtet auf Ankündigungen!!!