Bremer Kirchenführung kungelt mit evangelikalen Fundamentalist_innen

via @endofroad

Noch im Februar 2015 zog die Führung der Evangelischen Kirche alle Register, um sich von dem evangelikal fundamentalistischen Pastor Olaf Latzel und seiner umstrittenen Predigt zu distanzieren. Theologische Stellungnahmen wurden eingeholt, 70 Bedienstete auf die Domtreppen organisiert und zahlreiche Distanzierungserklärungen abgegeben. Letztlich wurde auf disziplinarische Massnahmen gegen Latzel verzichtet, da ja seine Martinigemeinde darüber zu entscheiden habe, wer auf ihre Kanzel darf und was dort gepredigt wird.
In einem anderen Fall hat die Kirchenführung in Bremen allerdings einen nicht weniger missionarischen Evangelikalen selbst für eines ihrer zentralen Projekte eingestellt. Zum September 2014 wurde Johannes Müller zum Leiter des Jugendmissionsprojekts „Lighthouse“ direkt bei der Kirchenleitung berufen. Hierbei handelt es sich nicht um eine Gemeinde mit eigenem Personalentscheidungsrecht, sondern um eine Anstellung bei der Zentrale der Evangelischen Kirche. „Lighthouse“ wurde dann auch in der Ausgabe 11-2014 von „Forum Kirche“ mit einer Seite bedacht und Johannes Müller ausführlich vorgestellt. „Lighthouse“ unterhält Gruppenräume für die Jugendarbeit in der ehemaligen Dienstwohnung von Jens Motschmann auf dem Gelände der Martinigemeinde (Pastor Olaf Latzel) und führte einmal im Monat einen Gottesdienst mit Livemusik von bekannten evangelikalen Gruppen im Lagerhaus Schildstraße durch. Laut Taz vom 26.2.2014 wurde ihnen dort wegen Vortäuschung falscher Tatsachen die weitere Nutzung der Räume verwehrt.

Wer ist Johannes Müller ?
Johannes Müller war viele Jahre in der St. Matthäus Gemeinde in Huchting im Jugendbereich hauptamtlich tätig. Die Matthäus Gemeinde gehört zur Evangelischen Allianz, einem Zusammenschluss von evangelikalen Gemeinden innerhalb der Evangelischen Kirche und den evangelischen Freikirchen (Methodisten, Pfingstler etc.). Der leitende Pastor der Matthäus Gemeinde und Sprecher der evangelischen Allianz in Bremen, Andreas Schröder, ist laut Radio Bremen vom 3.7.2014 mit der Aussage zitierbar „Homosexualität ist von Gott nicht gewollt“.
Johannes Müller besuchte zur theologischen Ausbildung die Bibelschule Brake bei Lemgo. Die Bibelschule Brake gehört zum Netz der evangelischen Allianz und ist eine der zentralen Ausbildungsstätten der Evangelikalen zur Bekehrung der Welt zur evangelikalen Bibelauslegung. Natürlich werden auch Fachkräfte (Missionare) für die innere Missionierung ausgebildet. Als solcher hat sich Johannes Müller weit über die Grenzen Bremens hinaus engagiert. Seit mindestens 2008 ist er stellvertretender Vorsitzender des Vereins Christival.
Der Verein Christival eV. organisierte 2008 ein heftig umstrittenes Happening in Bremen und gehört zum bundesweit Netz der Evangelischen Allianz. Hier sollte es in einer Arbeitsgruppe um die „Heilung der Homosexualität“ gehen. Damaliger Vorsitzender des Christival e.V. war Roland Werner, der sich selbst „heilte“ und anschliessend eine Ehe mit 2 Kindern führte. Seit 2008 muss auch Renke Brahms, damals und heute Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche Johannes Müller mit seinen Positionen bekannt gewesen sein, denn Renke Brahms saß neben führenden Evangelikalen im Kuratorium des Christival in Bremen. Für das nächste Christival Happening in Karlsruhe 2016 wirbt der Vorbereitungsausschuss bereits mit der Teilnahme von Johannes Müller.
Das Müller nicht nur homophobe Auffassungen vertritt, wird auch in seinen Predigten deutlich. Laut Taz vom 14 Februar 2014 liess Müller seine Zuhörer_innen, vor allem die männlichen, wissen, wie Mann seine Frau „jesusmäßig führen und leiten“ kann. Es stellt sich die Frage, welche Gründe den zwölfköpfigen Kirchenausschuss der evangelischen Kirche in Bremen bewogen haben, den bekannten Fundamentalisten Johannes Müller einzustellen. Seit der ehemalige EKD Vorsitzende Bischof Huber die Evangelikalen ausdrücklich in der Evangelischen Kirche begrüßte, haben diese dort kontinuierlich ihren Einfluss ausgebaut. Ein Bischof, etliche Mitglieder des EKD Präsidiums, auch ein Mitglied der der Bremer Kirchenleitung gehören dazu. Immerhin sieben (mit fünf Kindergärten) von 61 Gemeinden innerhalb der BEK gehören zu den Evangelikalen.
Während der BEK im Laufe des Jahres 2014 ca. 4000 Mitglieder abhandengekommen sind und die durchschnittlichen sonntäglichen Besucherzahlen aller Mainstream-Kirchen in Bremen zusammen deutlich unter denen der Evangelikalen am Ort liegen, ist offensichtlich bei der Kirchenleitung Panik ausgebrochen. Insbesondere angesichts der Mobilisierungserfolge der Evangelikalen bei Jugendlichen, in Bremen sollen beim Jugendgebetstag der Evangelikalen im Januar 2015 400 Menschen gekommen sein, scheinen bei den Kirchenoberen alle Bedenken gegenüber den evangelikalen Fundamentalisten verflogen zu sein. Oder ist etwa die geistige Nähe zwischen sich weltoffen gebärdenden Kirchenoberen und der Evangelischen Allianz grösser als erstere zugeben.
Als im Juli 2014 9 Pastoren aus der BEK, darunter Olaf Latzel, in Bremen den evangelikalen Aufruf „Zeit zum Aufstehen“ präsentierten in dem es heisst „Die Ehe besteht aus Mann und Frau“ , befand der oberste Bremer Pastor Renke Brahms, dies sei im Hinblick auf das Reformationsjahr eine begrüssenswerte Aktion.
Die Bremische Evangelische Kirche muss bei der Einstellung eines innerkirchlich bekannten missionarischen, homophoben Genderfeindes schon auf sich nehmen selbst mit solche Positionen identifiziert zu werden. Schliesslich haftet jeder Chef, für seine Angestellten, wenn er deren Unsinn dauerhaft durchgehen lässt.

Das Mittelalter ist noch nicht überwunden.
Nachdem das Lagerhaus Schildstrasse die Missionare vor die Tür gesetzt hat, hat sich Müller mit dem Projekt „Lighthouse“ in der „schaulust“ am Güterbahnhof eingemietet.

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